Wenn man an Maya Stätten denkt, fallen einem als erstes Chichen Itza und Tulum ein. Dass das ehemalige Maya Reich aber noch viel weiter reichte und man auch im Dschungel von Guatemala fündig wird, ist vielen nicht bekannt oder die Mühe wert.
Tikal ist sowohl der Name der Maya Stätte als auch des Nationalparks im guatemaltekischen Departamento El Petén. Es gehört sowohl zum UNESCO Weltnaturerbe als auch zum Kulturerbe.
Erste Siedlungsspuren gehen auf das Jahr 900 v.Chr. zurück. An Bedeutung gewann die Stadt erst im 2. Jahrhundert. Zu dieser Zeit wurden die ersten Tempel und Paläste gebaut. Höhepunkte erlebte die Stadt zwischen dem 5. und 9. Jahrhundert immer wieder. Ab dem 10. Jahrhundert war die Stadt dann vollständig verlassen.
Soviel zu den harten Fakten, die ihr auch alle bei Wikipedia nachlesen könnt.
Wieso Tikal?
Es waren natürlich nicht die harten Fakten, die uns von Tikal überzeugt hatten. Es gibt bequemeres als von Caye Caulker nach Belize City und von dort mit dem Bus Richtung Dschungel von Guatemala zu reisen (mehr dazu in einem Routenartikel, der noch folgt).
Es war natürlich das Gesamtpaket, welches einen erwartet: Die Kombination aus alten, grauen Tempeln (ein Freund von uns pflegt, solche Kulturgüter als ‚Steinehaufen‘ zu bezeichnen) umgeben von dichtbewaldetem Grün und den Schreien der Brüllaffen, die den Dschungel ihr zuhause nennen. Es war ein bisschen wie Angkor Wat in Kambodscha, nur ohne die Menschenmassen, aber mit mehr Dschungel und Tieren.
Da wir den Sonnenaufgang über dem Dschungel sehen und nicht schon um 3 Uhr morgens von irgendwo losfahren wollten, entschieden wir uns für ein Hotel direkt im Dschungel (Mehr Infos dazu in einem anderen Artikel).
Nach 22 Uhr gab es keinen Strom mehr, was das Abenteuerfeeling noch erhöhte. Jan ging einmal in der Nacht raus und berichtete, er habe noch nie so einen klaren und leuchtenden Sternenhimmel gesehen.
Noch bevor der Wecker um 5 klingelte (immerhin zwei Stunden mehr Schlaf), hörten wir schon die Schreie der Brüllaffen draußen direkt vor unserer Tür. Die Biester sind wirklich laut, besonders vor und nach dem Sonnenaufgang.
Den Sonnenaufgang von Tempel IV aus sehen
‚Nur die Harten kommen in den Garten‘ – der Wahrheitsgehalt dieser Aussage bestätigte sich mal wieder: Mit einer Taschenlampe gingen wir im Halbdunkel von unserem Hotel los, begleitet von den Schreien der Brüllaffen und anderer Tiere. Wir wollten unbedingt den berühmten Sonnenaufgang von Tempel IV aus sehen.
Im Nachhinein können wir nicht sagen, ob irgendwelche Tiere uns begleiteten oder weiter weg waren und sie einfach nur laut waren. Das Rascheln in den Wäldern spricht meiner Meinung nach für ersteres.
Es dauerte stolze 20 Minuten bis wir den Hauptplatz erreichten, welchen wir ganz für uns hatten. Wir dachten wirklich, dass um die Zeit mehr Menschen hier sein würden. Es war schon dämmrig und der Himmel bedeckt vom Nebel. Dieser war Grund genug für uns hier noch ein bisschen zu verweilen. Ohne kitschig sein zu wollen, aber riesige Dschungeltempel für sich alleine zu haben hat was Magisches. Das war ein einmaliges Erlebnis.
Trotz Wegbeschreibung war es gar nicht so einfach den Tempel IV zu finden. Das Gute und das Schwierige an der Sache ist, dass es sich um ein wirklich großes Gebiet handelt und man die Tempel vor lauter Bäumen nicht sieht. Dank dem Nebel konnten wir uns immer noch Zeit lassen.
Nach zehn Minuten wirr umherlaufen (Wegweiser verstehen am Morgen ist eine Kunst) stand Tempel 4 auf einmal zufällig vor unserer Nase. Zeitgleich kam die Sonne raus und wir beide liefen in einem Affenzahn die Holztreppen zum Tempel rauf. Don’t do this at home, Kids! Das war bisschen gefährlich und ein bisschen dumm. Im schlimmsten Fall geht es einige Meter nach unten.
Oben angekommen, trafen wir das erste Mal zwei Gruppen die mit Guides unterwegs waren und auf den Sonnenaufgang warteten. Die meisten schwiegen und starrten nur in die Ferne.
Der Angst-, später der Dschungel- und dann der Treppenschweiß waren es absolut wert. Das frühe Aufstehen, der leere Magen, die Anstrengung – alles vergessen. Der Anblick der aufgehenden Sonne über Tempel 1, 2 und 3 war alles was wir wollten und wir haben es bekommen. Die Gruppen gingen bald wieder und wir waren alleine oben. Die Schreie der Brüllaffen und der sich lösende Nebelschleier waren die Kirschen auf der Torte. Klingt wie ein kitschiger Roman und wars irgendwie auch.
Falls euch die Bilder bekannt vorkommen sollten: George Lucas wählte für seinen ersten Star Wars IV ‚Krieg der Sterne‘ und den aktuellen ‚Rogue One‘ Tikal als Kulisse für das Rebellenversteck. Nur so zur Info.
Beste Besuchszeit für Tikal
Eindeutig der Morgen. Selbst wenn man nicht den Sonnenaufgang sehen möchte, sollte man früh los.
Bucht euch ein Zimmer im Dschungel und startet früh. Erstens habt ihr die Tempelanlagen für euch alleine. Das Morgenlicht im Dschungel sorgt für eine einzigartige Atmosphäre; die Schreie der Affen sind der Wahnsinn.
Zweitens ist es noch nicht so heiß. Die Hitze und die Schwüle sollte man nicht unterschätzen. Der Marsch in den Dschungel in der Früh um 6 war schon nicht ohne. Zu einem späteren Zeitpunkt möchte ich es gar nicht wissen.
Zum Sonnenuntergang können wir leider nicht viel sagen, da wir zu spät ankamen. Reisezeiten in Mittelamerika sind eben immer nur ungefähre Angaben.
Tikal mit oder ohne Guide?
Die Frage stellt sich hier durchaus. Wir entschieden uns dagegen, weil wir erstens alleine sein und es auf eigene Faust erkunden wollten. Zweitens informieren wir uns generell selbst über die einzelnen Stätten und das auch in der Menge, die wir möchten.
Ein Guide ist zu empfehlen, wenn ihr Angst vor der Dunkelheit habt. Es dauerte eine Weile bis man die Tempel erreicht. Mit Guide hätten wir uns sicher nicht verlaufen, wir hatten aber auch einen Mordsspaß dabei. War also nicht schlimm. Ein Guide ist auch zu empfehlen, wenn ihr detaillierte Infos zu den Tempeln und den Tieren im Dschungel haben möchtet.
Ein Guide ist aber nicht zu empfehlen, wenn ihr folgendes meiden möchtet: eine großen Gruppe und jeder drückt dir eine Selfiestange ins Gesicht.
Letzteres ist etwas übertrieben, da sich seltsam wenig Menschen zu den Mayastätten von Tikal verirren. Vielleicht waren wir auch nur etwas geschädigt von den Massen in Tulum.
Organisatorisches
Wir empfehlen, im Park zu übernachten. Das hatte ich schon mal geschrieben.
Wenn ihr erst ab 15 Uhr anreist, habt ihr schon das Ticket für den nächsten Tag. Bei früherer Anreise müsst ihr doppelt bezahlen. Auch wenn ihr nur zum Hotel wollt.
Kosten für den Eintritt in den Nationalpark: 150 Quetzal (ca. 20 €) pro Person. Für Guatemala recht viel. Aber das Geld ist hier sehr gut angelegt.
Wollt ihr vor 6 Uhr morgens oder nach 6 Uhr abends zu den Ruinen, kostet das nochmal 100 Quetzal mehr und ihr braucht offiziell auch einen Guide. Zumindest im Januar ist das aber eigentlich nicht nötig, da Sonnenauf- und untergang innerhalb der Öffnungszeiten liegen.
Flores
Geflasht von den Dschungeltempeln verließen wir mittags Tikal und fuhren nach Flores. Flores ist die Hauptstadt von Petén und liegt auf der Insel San Andrés im Petén-Itza-See. Sie ist mit dem Festland über einen künstlichen Damm verbunden.
Wir hatten leider nicht so tolles Wetter hier. Nach einem heftigen Regenschauer wurde es relativ kühl. Wir machten uns selbstverständlich trotzdem auf den Weg um ein bisschen was von der Kolonialstadt zu sehen. An ‚richtigen‘ Sehenswürdigkeiten hat die Stadt nicht so viel zu bieten.
Die Kathedrale ist ganz nett. Wir fanden die bunten Kolonialhäuser deutlich interessanter. Da haben wir ja generell ein Faible dafür. (Das Elsass in Frankreich, Bo-Kaap in Kapstadt, Willemstad in Curaçao)
Bei gutem Wetter baden die Menschen hier und haben Spaß. Zumindest den Instagram Bildern zufolge. Bei schlechtem Wetter, naja.
Am besten gefallen hatte uns der Essmarkt ‚Las Mesitas‘: Jeden Abend, günstig, gut. Und da gutes Essen jedem gefällt, unsere Empfehlung für jeden auf der Welt.
Flores nutzen viele als Ausgangspunkt für Ausflüge in die Umgebung. Solltet ihr also nicht in Tikal übernachten wollen, dann solltet ihr das hier machen. Bedenkt aber: Für den Sonnenaufgang müsstet ihr etwa um drei Uhr morgens losfahren.
Zusammenfassung
Von Tikal sind wir restlos begeistert. Der Dschungel, die Tempel, die mystische Atmosphäre am Morgen und die Brüllaffen – ob wir sowas wohl je wieder erleben dürfen? Mal schauen!
Flores ist ganz nett, es passiert hier nur nicht so viel. Bei besserem Wetter wären unsere Erfahrungen vielleicht aber auch andere.
Wären Tikal und Flores ein potentielles Reiseziel für euch?