Wie schon im Jerusalem Post erwähnt, nutzten wir den Shabbat in Jerusalem für einen Halbtagesausflug ins Westjordanland. Genauer gesagt nach Bethlehem.
Die Reise organisierten wir selbst, da uns die Preise für organisierte Touren zu gesalzen waren. Vor allem im Nachhinein, wenn man bedenkt, wie easy alles war.
Westjordanland auf eigene Faust
Vom Arabischen Busbahnhof in Jerusalem aus sind wir mit dem ‚Palästinenserbus‘ los (ganz normaler Linienbus).
Die Fahrt war angenehm und man hat während der Fahrt eine interessante Aussicht über den Stadtrand Jerusalems. Die Grenzkontrolle war zumindest bei uns kein Thema. Keine Demütigungen oder ähnliches wie es andere schildern. Die Grenzsoldaten waren sehr nett. Natürlich sind wir etwas aufgefallen, gestört hat es aber niemanden.
Eine Fahrt kostet pro Person 1,50 Shekel. Die Busse fahren regelmäßig. Ob es einen Fahrplan gibt, wissen wir nicht. Man muss aber nicht lange warten. Der Busbahnhof ist nordwestlich vom Damaskustor, schaut euch dort einfach etwas um, man kann ihn nicht verfehlen. Die Buslinie ist die 21, aber im Zweifel einfach immer nochmal nach Bethlehem fragen, dann helfen die Leute dort weiter.
Bethlehem
In Bethlehem angekommen warteten draußen vor der Bushaltestelle Taxifahrer, die Touren anbieten. Solltet ihr euch nur für Bethlehem interessieren, könnt ihr alles auch easy zu Fuß machen.
Solltet ihr darauf keine Lust haben (mittags kann es gut heiß werden), handelt einzelne Strecken einfach aus.
Alles was wir zu Beginn erst Mal sehen wollten, war für uns fußläufig erreichbar.
Auf dem Weg zum Star der Stadt, der Geburtskirche, ging es für uns durch die Altstadt. Diese war sehr schön, aber auch nicht besonders. Was uns aber aufgefallen ist: Ausländer, die außerhalb von Gruppen unterwegs sind, sind hier durchaus noch eine Besonderheit.
Die vielen Kirchenbesucher, die mit Bussen angekarrt werden sind schon selbstverständlich und man ist auf Massentourismus vorbereitet. Nicht jedoch auf Individualtouristen. Mit Englisch kommt man kaum weiter.
Der Tourismus steckt quasi noch in den Kinderschuhen und das ist irgendwie erfrischend so.
Die Geburtskirche in Bethlehem
Die Geburtskirche besichtigt ihr idealerweise vormittags. Ab einem gewissen Punkt wird der heilige Ort sonst zur Hölle. Es sind sehr viele Menschen hier, die sich liebend gerne stundenlang anstellen um einen 30 Sekunden Blick auf eine Stelle zu werfen, bei der nicht nachgewiesen werden kann, ob Jesus wirklich hier geboren wurde. Jedem das seine. Aber für uns war es Wahnsinn, den Irrsinn zu beobachten. Es wurde immer wärmer und viele auch immer aggressiver.
Auch lustig: Wie einem ‚Guides‘ anbieten (die sich als Offizielle der Tourist Agency ausgeben) einen an den Massen vorbei zu schleusen, für umgerechnet 50$ für beide, damit man am Ende trotzdem beim letzten Teil der Schlange anstehen muss. Der 30-Sekunden Blick wird auch nicht verlängert. Aber hier und da scheint es zu funktionieren und wir freuen uns, wenn andere ihnen ihr Geld geben.
Die Milchgrotte in Bethlehem
Wie schon gesagt, trotz der vielen Kirchenbesucher sind Touris nicht ganz selbstverständlich, zumindest außerhalb von Gruppen. Wir hatten uns auf der Suche zur Milchgrotte etwas verlaufen (sind genau die entgegengesetzte Richtung gelaufen; Schilder lesen will gelernt sein) und fragten palästinensische Polizisten nach dem Weg. Diese waren super nett und auch neugierig als sie uns sahen. Sie wollten uns auch helfen, aber weder konnten sie Englisch noch kannten sie die Milchgrotte. Dabei ist sie nach der Geburtskirche eine weitere Sehenswürdigkeit der Stadt.
Die Situation war so goldig. Beide Seiten möchten miteinander reden, aber jeder weiß: Das wird heute nichts. Gerne hätten die Menschen, dass Besucher länger bleiben. Die Menschen im Westjordanland sehen Israel und wissen, dass durch Tourismus Wohlstand kommt. Eine Übernachtung wäre eigentlich auch locker drin. Je nachdem was man unternimmt.
Die Milchgrotte selbst fanden wir auch so viel schöner als die Geburtskirche: Es waren nicht viele Menschen hier und so herrschte eine tolle und mystische Ruhe in der Grotte. Angeblich hatten sich hier einst Maria und Jesus versteckt. Beim Stillen soll Marias Milch auf den Boden getropft sein. Seither ist dies entsprechend ein heiliger Ort für Frauen dieser Welt. Es ist eine wirklich schöne Grotte und man kann zumindest zeitweise dem Trubel entkommen.
The Walled Off Hotel, die Peace Wall und Banksy Art
Was uns hauptsächlich nach Bethlehem lockte war die beschissenste Aussicht der Welt gesehen aus dem sogenannte Banksy Hotel auf die ewig hohe Mauer, die das Westjordanland von Israel trennt. Trumps Traum der Mauer ist hier Wirklichkeit.
Das Hotel ist sehr stylish geworden und ist mit Werken des Künstlers geschmückt. Die Mauer selbst erinnert durch die Kunst und natürlich auch den Namen an die ‚Peace Wall‘ in Belfast, Nordirland.
Über die Stadt verteilt findet man auch immer einzelne berühmte Kunstwerke des Meisters Banksy. Mit diesen wollte er auf die Situation der Palästinenser aufmerksam machen und ein Zeichen gegen die Politik Israels setzen.
Die meisten kann man vom Banksy Hotel aus zu Fuß erreichen, was wir auch empfehlen würden. Wir haben uns auf eine Taxitour eingelassen, weil der genannte Preis günstig erschien. Am Ende wollte er dann doch mehr und es wurde diskutiert. Es ging nicht um viel Geld, aber es ist nervig und schade, weil sonst alle so nett waren und man dadurch einen schlechten Eindruck mit nimmt.
Im Grunde ist nur die Strecke von der Geburtskirche zum Banksy Hotel etwas weiter, alles andere würden wir in Zukunft zu Fuß machen. Und beim Taxi gut verhandeln und den Preis ganz fix machen!
Weitere Sehenswürdigkeiten
Jericho und Ramallah sind bei den Tour-Angeboten immer dabei. Wir hatten diese jedoch ausgelassen, da nicht so interessant für uns. Solltet ihr daran interessiert sein, verhandelt einfach vor Ort. Online kosten diese Tagestouren zwischen 80-100€ inkl. Mittagessen. Start ist immer Jerusalem Bahnhof. Vor Ort bekommt man es wie schon gesagt teilweise günstiger.
Ähnlich wie in Jerusalem haben wir uns auch in Bethlehem sehr sicher gefühlt. Die Leute sind sehr nett.
Mit dem Bus (wieder Linie 21) ging es nach einem halben Tag auch wieder zurück nach Jerusalem, auch diesmal ohne jegliche Probleme.